Report: Drohnen-Rechtsprechung in Deutschland

Report: Drohnen-Rechtsprechung

Eine Analyse wegweisender Urteile in Deutschland

Einleitung

Die zunehmende Verbreitung von zivilen Drohnen (UAS) schafft neue juristische Konfliktfelder. Diese Analyse zeigt wegweisende deutsche Rechtsprechung, Entwicklungslinien und die praktischen Konsequenzen für alle Beteiligten auf.

Dashboard: Die Rechtslage im Überblick

Urteile nach Rechtsgebiet

RechtsgebietAnzahl der Urteile
Urheberrecht / Panoramafreiheit4
Eigentums- und Nachbarrecht4
Datenschutz / Persönlichkeitsrecht4
Gewerblicher Drohnenbetrieb & Spezialmaterien3
Haftung & Versicherung2
Luftverkehrs- und Verwaltungsrecht2

Wichtigste Erkenntnisse

Urheberrecht: Der BGH (Az. I ZR 67/23) hat klargestellt, dass Drohnenaufnahmen von geschützten Werken nicht unter die Panoramafreiheit fallen. Für die Veröffentlichung ist somit fast immer eine Lizenz erforderlich.
Privatsphäre: Bereits die bloße Möglichkeit der Beobachtung durch eine niedrig fliegende Drohne kann das Persönlichkeitsrecht verletzen (AG Potsdam, Az. 37 C 454/13).

I. Urheberrecht / Panoramafreiheit

BGH, I ZR 67/23

23.10.2024

"Luftbildaufnahme eines Kunstwerks mit Drohne."

Kernaussage: Drohnenaufnahmen fallen nicht unter die Panoramafreiheit (§ 59 UrhG), da der Luftraum kein allgemein zugänglicher Ort ist. Die wirtschaftlichen Interessen der Urheber wiegen bei Luftaufnahmen schwerer.

Auswirkungen: Starke Einschränkung für die kommerzielle Nutzung von Drohnenbildern von Architektur und Kunst. Lizenzpflicht wird zur Regel.

OLG Hamm, 4 U 247/21

27.04.2023

"Berufungsurteil zum späteren BGH-Fall."

Kernaussage: Bestätigt die Linie des BGH: Die Drohnenperspektive ist keine privilegierte Straßenperspektive, da sie nicht der menschlichen Wahrnehmung entspricht.

Auswirkungen: Wichtige Vorinstanz, die die restriktive Auslegung zementierte.

LG Frankfurt a. M., 2-06 O 136/20

25.11.2020

"Drohnenaufnahme der Lahntalbrücke Limburg."

Kernaussage: Mindermeinung: weite Auslegung der Panoramafreiheit auch für Luftaufnahmen; in der Berufung nicht weiterverfolgt und durch BGH-Urteil überholt.

Auswirkungen: Zeigt eine alternative, nun verworfene, technologieoffene Rechtsauffassung.

BGH, I ZR 247/15

27.04.2017

"Grundsatzentscheidung 'AIDA Kussmund'."

Kernaussage: Keine Drohne, aber Grundsatzentscheidung: Die Nutzung besonderer Hilfsmittel (z.B. Leiter) zur Überwindung von Sichthindernissen ist nicht von § 59 UrhG gedeckt.

Auswirkungen: Legte die dogmatische Grundlage für die spätere BGH-Entscheidung zu Drohnen.

II. Eigentums- und Nachbarrecht

OLG Naumburg, 12 Wx 76/20

20.04.2021

"Antrag auf Grundbucheinsicht zur Vorbereitung von Drohnenüberflügen."

Kernaussage: Der bloße Wunsch nach Überflug genügt nicht für ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht nach § 12 GBO.

Auswirkungen: Erschwert die Einholung von Überfluggenehmigungen, da die Eigentümerfeststellung eine hohe Hürde darstellt.

LG Frankfurt a. M., 2-03 S 21/20

21.02.2021

"Wiederholte Tiefflüge über Privatgrundstück."

Kernaussage: Ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB besteht bei wiederholten Tiefflügen über Privatgrundstücke.

Auswirkungen: Stärkt die Rechte von Grundstückseigentümern gegen belästigende Drohnenflüge.

AG Riesa, 6 C 57/19

10.12.2019

"Drohnen-Tiefflug über Garten."

Kernaussage: Ein Tiefflug ist eine wesentliche Beeinträchtigung (§ 906 BGB) und begründet einen Anspruch auf Unterlassung.

Auswirkungen: Klarstellung, dass auch ohne Aufnahme allein der Flug in geringer Höhe eine abwehrbare Rechtsverletzung ist.

LG Itzehoe, 10 O 84/20

11.06.2020

"Hohe Überflüge (≈ 15 000 ft) keine Eigentumsbeeinträchtigung."

Kernaussage: Hohe Überflüge (vergleichbar mit Satellitenbildern) sind keine Eigentumsbeeinträchtigung. Der Eigentümer hat kein Interesse an der Ausschließung solcher Einwirkungen.

Auswirkungen: Definiert die Grenze des "Luft-Eigentums": Der Schutz endet, wo die relevante Beeinträchtigung aufhört.

III. Datenschutz / Persönlichkeitsrecht

AG Potsdam, 37 C 454/13

16.04.2015

"Nachbar lässt Drohne über Grundstück fliegen, auf dem sich die Nachbarin sonnt."

Kernaussage: Allein die Möglichkeit der Beobachtung und das Gefühl des Ausgespähtwerdens reichen für einen Unterlassungsanspruch. Ob tatsächlich gefilmt wurde, ist unerheblich.

Auswirkungen: Sehr wichtige Entscheidung für Nachbarschaftsstreitigkeiten. Der "Einschüchterungseffekt" ist rechtlich relevant.

LG Hamburg, 324 O 374/20

14.01.2021

"Drohnenaufnahmen zeigen identifizierbare Personen im Privatgarten."

Kernaussage: Anspruch auf Unterlassung. Es liegt kein berechtigtes Interesse (Art. 6 DSGVO) vor, das den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht rechtfertigt.

Auswirkungen: Das Filmen von Personen in ihrem privaten Rückzugsbereich per Drohne ist in der Regel unzulässig.

VG Ansbach, AN 14 K 19.00113

05.12.2019

"Polizeidrohne filmt Teilnehmer eines nicht genehmigten Autokorsos."

Kernaussage: Die Polizei durfte die Drohne einsetzen. Die Maßnahme war zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gerechtfertigt. Die Abwägung fiel zugunsten der öffentlichen Sicherheit aus.

Auswirkungen: Zeigt die Grenzen des Datenschutzes bei polizeilichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.

BVerfG, 1 BvR 2692/18

18.12.2020

"Verfassungsbeschwerde gegen den potenziellen Einsatz einer Polizeidrohne."

Kernaussage: Die Verfassungsbeschwerde war unzulässig, da kein gegenwärtiger, unmittelbarer Grundrechtseingriff vorlag. Die bloße Möglichkeit eines zukünftigen Einsatzes reicht nicht aus.

Auswirkungen: Rein prozessuale Entscheidung, die aber zeigt, dass der Rechtsweg erst nach einem konkreten Drohneneinsatz offensteht.

IV. Haftung & Versicherung

AG Königs Wusterhausen, 4 C 80/19

16.04.2020

"Drohne stürzt ab und zerstört Terrassendach."

Kernaussage: Der Halter haftet verschuldensunabhängig nach der Gefährdungshaftung des § 33 LuftVG.

Auswirkungen: Bestätigt die strenge Halterhaftung und die Wichtigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung.

LG Frankfurt a. M., 2-13 O 125/20

09.03.2022

"Versicherungsfall trotz fehlendem Kenntnisnachweis des Piloten."

Kernaussage: Der Haftpflichtversicherer muss dem Geschädigten gegenüber zahlen. Eine Obliegenheitsverletzung des Piloten ist im Außenverhältnis irrelevant, kann aber zum Regress des Versicherers gegen den Piloten führen.

Auswirkungen: Stärkt den Schutz von Geschädigten. Piloten müssen aber damit rechnen, von ihrer Versicherung in Regress genommen zu werden.

V. Luftverkehrs- und Verwaltungsrecht

VG München, M 23 K 18.1157

20.11.2019

"Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung für gewerbliche Flüge."

Kernaussage: Die Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung nach § 21b LuftVO (a.F.) kann rechtmäßig sein, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Auswirkungen: Unterstreicht, dass kein automatischer Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung von Betriebsverboten besteht.

OVG NRW, 8 B 865/18

17.09.2018

"Verbotsbescheid wegen fehlender Betriebserlaubnis."

Kernaussage: Der Sofortvollzug eines Verbotsbescheids wegen fehlender Betriebserlaubnis ist zulässig.

Auswirkungen: Behörden können illegalen Drohnenbetrieb schnell und effektiv unterbinden.

VI. Gewerblicher Drohnenbetrieb & Spezialmaterien

VG Schleswig, 10 A 113/21

22.06.2022

"Auflagen für einen Paketdrohnen-Testbetrieb."

Kernaussage: Die behördlichen Auflagen zu Flugrouten und Absturzsicherung für kommerzielle Testbetriebe waren rechtmäßig.

Auswirkungen: Zeigt den rechtlichen Rahmen für zukünftige Logistikanwendungen von Drohnen auf.

LG München I, 33 O 13826/20

15.09.2021

"UWG-Klage gegen Luftbildservice wegen irreführender Preisangaben."

Kernaussage: Eine Unterlassungsklage nach dem UWG wegen irreführender Preisangaben war erfolgreich.

Auswirkungen: Erinnert daran, dass Drohnen-Unternehmen den allgemeinen Geschäftsvorschriften unterliegen.

KG Berlin, 5 W 24/23

30.03.2023

"Eilrechtsschutz für Filmproduktion über der Spree."

Kernaussage: Im Eilverfahren wurde der Flug erlaubt. Das überwiegende Kreativinteresse wurde im Rahmen der Abwägung höher bewertet.

Auswirkungen: Zeigt, dass in Einzelfällen Ausnahmen von Flugverboten für professionelle Produktionen möglich sind.